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Skat im Argentinischen Hinterland
Ein Besuch von „Villa General Belgrano“ anlässlich der Südamerikanischen Skatmeisterschaften
Villa General Belgrano ist eine Kleinstadt im Departamento Calamuchita der Provinz Córdoba im zentralen Argentinien. Sie liegt im nördlichen Valle de Calamuchita, einem Tal in den Sierras de Córdoba etwa 75 Kilometer südlich der Provinzhauptstadt Córdoba und hat etwa 6000 Einwohner. Viele können sich noch an die „Schmach von Cordoba“ erinnern, als das Fußballteam der Bundesrepublik Deutschland als amtierender Weltmeister bei der WM 1978 in Cordoba kläglich mit 3:2 im Viertelfinale gegen Österreich verlor.
Aber wir wollen nach „Villa General Belgrano“. Vom Busbahnhof in Cordoba geht es mit der Busgesellschaft „Sierras de Calamuchias“ gen Villa General Belgrano. Wir verlassen Cordoba und passieren endlose Maisfelder und fahren Richtung der „Sierra de Cordoba“ mit dem Mount Champaquí (2.880 m) als höchster Erhebung. Allmählich werden die Maisfelder durch Eukalyptusbäume, Wacholder und Pinien ersetzt. Vorbei geht es an dem 24,5 km² großen Stausee „Lago Los Molinos“ mit einer Länge von ca. 12 km. Südlich des Stausees und ca. 75 km südlich von Cordoba erreichen wir schließlich die Kleinstadt „Villa General Belgrano“ mit ca. 6.000 Einwohnern. 1929 wurde die Colonia Paraje (landwirtschaftliche Nutztierkolonie) „El Sauce“ von Deutschen gegründet. Allerdings war der Idee kein Erfolg beschieden und so verlegte man sich auf den Tourismus mit alpenländischem Charakter. Am 11. Oktober 1932 wurde der Ort in Villa General Belgrano umbenannt.
In Villa General Belgrano geht es vorbei an der „Plaza Oktoberfest“ bzw. „Plaza José Hernandez“. Nur wenige Meter weiter, direkt gegenüber der „Plaza Enrique Dick“ erreichen wir den Omnibus-Bahnhof, wo wir von zwei in Blau-Weiß gehaltenen „Maibäumen“ begrüßt werden. Allerdings ist das Blau hier das argentinische „Himmelblau“ und nicht das bayerische Blau.

Es deutet sich bereits früh an, dass es sich hier um keine „normale“ Stadt handelt. Ein typisches Zeichnen dafür ist der etwas abseits gelegen Supermarkt „Die Oma“ (la Oma). Weitere Beispiele zeigen, dass Einwanderer aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Österreich hier ein alpenländisches Flair mit entsprechender Architektur und Festkultur installiert haben. Seit 1960 gibt es die verschiedensten Feste, wie das Oktoberfest (Fiesta de la Cerveza), das jährlich ca. 150.000 Besucher anzieht, das Fest der Wiener Torten (Fiesta de la Masa Vienesa) und das Schokoladenfest (Fiesta del Chocolate Alpino). Zudem gibt es in Villa General Belgrano 15 Microbrauereien mit teilweise sehr fantasievollen Namen wie Berlin, Brunnen Bier, Der Gründer, Einwanderer Bier, Fuchs, Gut Bier, ……. Es wurde schon erwähnt, daß die Architektur sehr an die Alpenländer erinnert. Gerne kann man es übertrieben kitschig nennen. Aber, der Kitsch wird gelebt und macht ihn damit wieder „schön“.

Ein Beispiel dafür ist Mathias, ein Argentinier, der eine „Dorf Tour“ mit einem kleinen Stadtrundfahrts-Bus veranstaltet. Er selbst in Lederhose und kariertem Hemd gekleidet und einem Trachtenhut mit Feder, Hirsch- und Edelweiß-Nadeln verziert. So fährt er mit weithin hörbarer Blas- und „Volks“musik durch die Straßen des kleinen Örtchens und bringt den Besuchern sein „Dorf“ etwas näher. Nicht unerwähnt bleibt dabei das jährlich stattfindende 7-tägige Oktoberfest, für das inzwischen ein eigenes Gelände aufgebaut wurde. Hier wird nicht nur Bier getrunken, sondern die einzelnen Volksgruppen führen in bunten Trachten ihre traditionellen Tänze auf.
Einen bedeutenden Tag in der Stadtgeschichte markiert der 13. Dezember 1939. Das deutsche Panzerschiff „Admiral Graf Spee“ befand sich im Zweiten Weltkrieg auf einer Kaperfahrt im Südatlantik. In diesem Handelskrieg wurden neun britische Handelsschiffe mit 50.000 BRT ohne eigenen Verlust von Menschenleben versenkt. Vor Uruguay wurde die “Admiral Graf Spee“ am 13. Dezember 1939 im Kampf gegen drei britische Kreuzer beschädigt. Das Schiff lief zwecks Reparatur Montevideo an, um seine volle Seefähigkeit wiederherzustellen. Währenddessen blockierten britische Kriegsschiffe die Mündung des Río de la Plata. Die neutrale Regierung von Uruguay bestand auf einer Ausreise des Schiffes innerhalb von 72 Stunden, wodurch eine Reparatur nicht möglich war. Kommandant Hans Langsdorff widersetzte sich – teilweise auch aufgrund von Falschinformationen – den Anweisungen Hitlers, einen Durchbruchsversuch zu wagen, da er sich in aussichtsloser Lage glaubte. Deshalb ließ er das Schiff am 17. Dezember 1939 von der eigenen Besatzung im Río de la Plata vor Montevideo versenken. Die über tausend Mann starke Besatzung war vorher auf argentinischen Schleppern und anderen Flussschiffen ausgeschifft worden, um anschließend nach Buenos Aires zu fahren, wo sie sich im ebenfalls neutralen Argentinien frei bewegen konnten und teilweise Familien gründeten.
Kommandant Hans Langsdorff selbst nahm sich drei Tage später – am 20. Dezember 1939 – in Buenos Aires durch Erschießen das Leben.
Als schließlich die argentinische Regierung am 27. März 1945 Deutschland und Japan den Krieg erklärte, änderte sich der Status der ehemaligen Besatzungsmitglieder der Admiral Graf Spee. Sie wurden automatisch Kriegsgefangene und in verschiedenen Orten interniert. 100 von Ihnen in Villa General Belgrano. Nach Kriegsende beteiligten sich einige von ihnen dann am weiteren Aufbau des Ortes.
Im Jahr 2015 fand in Villa General Belgrano die 14. Faustball Weltmeisterschaft statt. Im Endspiel besiegte Deutschland die Schweiz mit 4:0 Sätzen.
Im März 2025 führte man nun das diesjährige Argentinische und Südamerikanische Skat-Turnier durch. Beginnend am 22.03.2025 kämpften 80 Teilnehmer aus Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay an 3 Tagen im „Hänsel Haus“ um die besten Karten und das beste Spiel. Die Zusammensetzung der Teilnehmer war sehr gemischt. Der jüngste mit 15 Jahren war Moritz Klenner und der älteste mit 96 Jahren war Walter Thimig, beide aus Villa General Belgrano. Natürlich kamen mit 23 Teilnehmern die meisten aus Argentinien, aber Chile und Paraguay stellten mit jeweils 17 Teilnehmern die zweitstärksten Gruppen. Selbst aus den USA gab es einen Teilnehmer und aus Deutschland zwei. Darunter Dieter Gonschorowski von den „Forellen Forchheim“. Bevor nach 2 Tagen bzw. 6 Serien für das Argentinische Turnier und einem weiteren Tag, entsprechend 9 Serien für das Südamerikanische Turnier, zu jeweils 48 Spielen, die diesjährigen Meister gekürt wurden, wurden feierlich die Nationalhymnen des Gastgeberlandes Argentinien und des Skat-Ursprungslands Deutschland angestimmt.
Montagabend wurden dann zwischen Galadinner und Tanz und Polonaise mit Livemusik von den „Biermusikanten“ die Sieger verkündet und die Preise verteilt.

Hervorzuheben sind dabei die Ergebnisse der Brasilianischen Zwillinge Pedro Araujo und Arthur Araujo. Sie gewannen sowohl das Argentinische wie auch das Südamerikanische Turnier.
- Pedro Araujo Argentinisches Turnier (8.372 Punkte) Südam. Turnier (11.878 Punkte)
- Arthur Araujo Argentinisches Turnier (7.858 Punkte Südam. Turnier (10.980 Punkte)
Dieter Gonschorowski wurde sowohl als Sieger der 7. Serie, als 13. der Argentinischen Meisterschaft und als 7. Der Südamerikameisterschaft (gleichzeitig bester Senior) geehrt.

Im Bild oben: Die Sieger des Südamerikanischen Turnieres (Gesamtsieger: Pedro Araujo, beste Dame: Noel LeCoq, bester Senior: Dieter Gonschorowski)